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30.10.2018

„Aber Kirchenpfleger mach’ ich nicht“...

Foto: pr

In Stein amtiert Agathe Herrmann-Schmidt. Unsere Abbildung zeigt die 75-Jährige, die auch Umweltbeauftragte der Kirchenverwaltung ist, mit dem Hausmeister der Pfarrei, Pavel Belohlavy, in der Heizstation des Pfarrzentrums. Foto: pr

... sagen die meisten, die für die Kirchenverwaltung kandidieren – wir stellen drei Ausnahmen vor.

Die Kandidaten für die Kirchenverwaltungswahlen am 18. November stehen bereit, manche mit gemischten Gefühlen: Werde ich ausreichend Zeit haben für mein Ehrenamt? Bin ich fit genug in Finanz- oder Verwaltungsfragen? Erhalte ich genügend Unterstützung vom Bistum? Fragen, die sich auch Rita Beil, Agathe Herrmann-Schmidt und Ludwig Roith anfangs stellten.

Vor großem Umbau 

Jetzt, wo sich ihre dritte Amtsperiode dem Ende zuneigt, schließt sich für Rita Beil der Kreis:
Die seit Jahren im Raum stehende Generalsanierung der Pfarrkirche St. Franziskus wird Wirklichkeit. Als 2005 erstmals Pläne geschmiedet und wieder verworfen wurden, war Beil bereits Kirchenpflegerin in Neuendettelsau. Nun soll es 2020 endlich losgehen mit dem Umbau. So groß die öffentliche Resonanz auf das geplante Projekt „Bienenkorb“ war
(die KiZ berichtete), so unaufgeregt wirkt Beil
im Gespräch mit der KiZ. „Ich kann sogar
schon wieder ruhig schlafen“, lacht die
67-Jährige, die von ihrer Arbeit als Kirchenpflegerin nicht viel Aufhebens macht.

Bevor sie dieses Ehrenamt ergriff, war sie als Kandidatin für die Pfarrgemeinderatswahlen angefragt worden und hatte abgelehnt. Als dann die Wahlen zur Kirchenverwaltung anstanden, ließ sie sich hingegen anwerben, „weil ich dachte, das ist vielleicht eher was für mich“. Als gelernte Bankkauffrau war Beil es gewohnt, mit Zahlen und Bilanzen zu hantieren.

In einem Schuhkarton übernahm sie die Unterlagen vom Vorgänger und arbeitete sich systematisch in die Finanzen der Pfarrei ein. Unterstützt wurde sie von fachkundigen Kirchenverwaltungsmitgliedern, zu denen unter anderem ein hauptberuflicher Bauleiter gehört. „Wir haben eigentlich gute Leute gehabt“, sagt die Neuendettelsauerin über das Team, von dem jetzt drei Mitglieder nicht mehr kandidieren. Es gibt aber genügend Bewerber, insgesamt acht. Auch Beil tritt wiederbei den Wahlen zur Kirchenverwaltung an, würde aber gerne das Kirchenpfleger-Amt aufgeben, um mehr Zeit für die Enkel zu haben.

Fragt man sie, wofür sich die Stunden im Ehrenamt so läpperten, dann fällt Beil zum Beispiel das Warten am Bankschalter beim Einzahlen des Kleingelds von der Sonntagskollekte ein. Dass Spenden eingehen, ist für die Pfarrei wichtiger denn je. Als erste Stufe bei der Kirchensanierung soll jetzt der Zugang zum separaten Glockenturm instandgesetzt werden. Die erforderlichen 80.000 Euro müssen wir  überwiegend selbst stemmen“, berichtet Beil.

Nichts für Berufstätige

Von Kostenvoranschlägen, Krediten und Handwerkerrechnungen kann auch Ludwig Roith ein Lied singen. Der Kirchenpfleger der Pfarrei Heideck hat in den vergangenen Jahren die Außensanierung der Stadtpfarrkirche betreut und geht nun mit der Kirchenverwaltung auch die Innensanierung an. Nervös macht ihn das nicht, schließlich habe er 30 Jahre seines Berufslebens als Berater im IT-Bereich „nichts anderes gemacht, als Projekte abzuwickeln“, erzählt der 69-Jährige. Auf diese Kenntnisse und Erfahrungen wollte auch der Heidecker Pfarrer zurückgreifen, als er den Neu-Ruheständler Roith vor sechs Jahren bat, bei den Kirchenverwaltungswahlen anzutreten. „Da hab' ich noch lang nicht dran gedacht, Kirchenpfleger zu werden“, lacht er.

Die Ausgangslage war nicht berauschend: Klamme Finanzlage, stetige Ausgaben für Personal oder Strom und dann auch noch eine Kirche, über der das Dach zusammenzubrechen drohte. Aber Roith kniete sich hinein in seine neue Aufgabe, besuchte zu Beginn seiner Amtszeit eine Kirchenpfleger-Schulung des Bistums und holte sich bei Bedarf betriebswirtschaftlichen Rat.

Eines ist ihm nach vielen Monaten der Sanierung klar: „Den Job, den ich jetzt mache, den kann sich ein Berufstätiger nicht leisten. Man muss tagsüber abkömmlich sein, sonst funktioniert's nicht“. Schließlich machten die Bauleiter und Architekten ihre Termine in der Regel an Werktagen. Froh ist Roith über den rührigen Kirchenförderverein, der 2015 in Heideck gegründet wurde. Er erwirtschaftet mit Altkleidersammlungen und allerlei Aktionen 5.000 bis 6.000 Euro pro Jahr.

Über Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen hinaus ist die Heidecker Kirchenverwaltung auch für die örtliche Kindertagesstätte mit etwa 130 Kindern und zwei Dutzend Beschäftigten zuständig. „Einer aus unserer Kirchenverwaltung, ein Banker im Ruhestand, hat sich bereit erklärt, sich um die Personalverwaltung zu kümmern“, berichtet Roith. Personal suchen und einstellen, „das machen wir zu dritt, der Pfarrer, der Beauftragte und ich“. Arbeitserleichterung und „mehr Luft“ für andere Verwaltungsaufgaben versprechen sich Roith und seine Mitstreiter durch den zum Jahreswechsel bevorstehenden Beitritt in einen neuen Trägerverbund kirchlicher Kindertageseinrichtungen in den Dekanaten Roth-Schwabach und Nürnberg-Süd. 

Verwaltungskoordinatoren (siehe Kasten rechts) wie sie der Finanzdirektor des Bistums, Florian Bohn, jetzt ins Spiel gebracht hat, hält Roith ebenfalls für sinnvoll, denn „es gibt ja viele Kirchenpfleger, die beruflich überhaupt keinen Bezug zur Verwaltung haben. Für die könnte das eine erhebliche Unterstützung sein. Überhaupt findet man dann vielleicht wieder leichter einen Kirchenpfleger.“ Er selbst will wegen der laufenden Baumaßnahmen noch eine Amtszeit anhängen: „Mittendrin aufhören, das möcht ich nicht!“

Von Heizung bis Hort

Agathe Herrmann-Schmidt (75) ist derzeit nicht nur Umweltbeauftragte der Kirchenverwaltung St. Albertus Magnus in Stein, sondern auch Kirchenpflegerin. Ein Amt, um das sich niemand reißt, wie sie in diesen Tagen immer wieder feststellt. Es gebe zwar ausreichend Kandidaten für die Wahl zur Kirchenverwaltung, doch stets verknüpft mit der Aussage: „Aber Kirchenpfleger mach' ich nicht.“

Gut, dass sich nach den letzten Wahlen eine Quereinsteigerin wie Hermann-Schmidt bereit erklärte, das Amt zu übernehmen. Sie nahm damals eigentlich als Delegierte des Pfarrgemeinderats an den Sitzungen der Kirchenverwaltung teil. Das Angebot, Kirchenpflegerin zu werden, habe sie sich nicht nur aus Altersgründen gut überlegt, meint die frühere Förderschullehrerin. Sie sei auch nicht sicher gewesen, ob ihre Sachkompetenz reiche. Als ehemalige Konrektorin habe sie zwar Erfahrung in Schulverwaltung, „aber eine Pfarrei ist nochmal was anderes“.

Auch Herrmann-Schmidt fände pfarreiübergreifende hauptamtliche Koordinatoren, die man in kniffligen Fragen zu Rate ziehen kann, „ganz, ganz notwendig“. „Man soll ihnen die Situation vor Ort nicht lang erklären müssen, und sie sollten, falls notwendig, auch mal in eine Sitzung kommen“,lautet die Wunschvorstellung der 75-Jährigen, die in den vergangenen Jahren eine ganze Menge Eigeninitiative bewiesen hat. So arbeitete sie sich in das Thema Stromsparen und nachhaltige Heizungstechnik ein. Mit einem Kollegen aus dem Pfarrgemeinderat machte sie sich bei der diözesanen „Aktion Sparflamme“ kundig. Den Posten der Mesnerin, die in Ruhestand ging, hat sie gleich selbst übernommen, ehrenamtlich als Teil eines Dreierteams. 

Ein erfreuliches Kapitel war für Hermann-Schmidt der Kindergarten: „Ich hatte das Glück, mit sehr guten Leiterinnen zusammenzuarbeiten, ohne die ich manches nicht gewusst hätte.“ Auch die Pfarrei Albertus Magnus gibt die Kindergarten-Verwaltung nun an einen Trägerverbund der Diözese ab.

Am Ende ihrer ersten Amtszeit in der Kirchenverwaltung sagt Herrmann-Schmidt: „Ich hatte ringsum Leute, die einem einen guten und ehrlichen Rat geben.“ Nicht zuletzt habe sich bestätigt, „dass ich mit dem Pfarrer gut zusammenarbeiten kann“. Wer das Gefühl habe: „Mit dem kann ich gar nicht“, der solle besser nicht als Kirchenpfleger antreten.

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 44 vom 4. November 2018

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